Hurra, die Königin und ihr Volk sind da!
Das DRK-Kinderhaus Sonnenschein hat Blumen, Bienen, einen Imker – alles Teile eines Umwelt- und Bildungsprojektes.
Groß war gestern das Gewusel an den Fenstern im oberen Flur des DRK-Kinderhauses Sonnenschein: Kinder aus allen Gruppen
wollten zusehen, wie Imker Sebastian Habel die neuen Mitbewohner in ihr Haus auf dem Flachdach bringt. Es handelte sich um
ein Bienenvolk mit Königin, das von Dresden nach Weißwasser zog.
Angst vor den Bienen hatten die Kinder nicht. Zu groß waren Aufregung und Neugier. Schon seit vorigem Jahr beschäftigen sich
Kinder und Erzieher nämlich mit dem Thema Bienen. Denn innerhalb der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ entschloss sich die
Einrichtung im Rahmen der frühkindlichen Bildung für das Projekt „Wo es summt und brummt, ist Leben“, sprich: ein
Bienenprojekt.
70 Sponsorenbriefe versandt
„Wir haben lange überlegt, was Kinder interessieren könnte, was mit Nachhaltigkeit, Naturwissenschaft und Umweltbildung zu tun hat, an dem lange gearbeitet werden kann und wo wir fachliche Hilfe bekommen“, erzählt Erzieherin Elisa Bölke. Irgendwann habe sie im Kinderfernsehen einen Beitrag über Bienen gesehen und erfahren, dass man Bienenvölker mieten kann. Die Erzieherin
war fasziniert, erzählte Kollegin Dana Jurk davon, die auch gleich von dieser außergewöhnlichen, aber kindgerechten Form des
Naturschutzes und der Umweltbildung begeistert war.
„Das machen wir“, sagten sich die Erzieherinnen und begannen zu recherchieren, was dafür alles nötig ist. So stießen sie auf die Dresdner Firma, die Mietvölker samt Betreuung bietet. „Das passte. Auch, weil die Firma einen Satz Imkeranzüge für Kinder, alles nötige Zubehör und fachliches Know-how zur Verfügung stellt und wir den Honig sowie das Wachs in der Kita-Küche für gesunde Kost und beim Basteln nutzen können“, erzählt Elisa Bölke. „Außerdem haben wir schon viele Blumen auf Beeten und Wiesen – und Bäume auf dem und ums Kita-Gelände herum, wo Bienen Nahrung finden“, ergänzt Dana Jurk.
Ein Problem aber blieb: die Finanzierung. Und so schrieben die engagierten Erzieherinnen liebevoll von den Kindern gestaltete Sponsorenbriefe, die sie in der ganzen Region versandten. Auf 70 Briefe kamen zehn Rückantworten. „Aber die Absender waren von der Idee so angetan, dass das nötige Geld für die monatliche Miete für ein Jahr zusammenkam“, freut sich Dana Jurk.
Imker Sebastian Habel brachte gestern nicht nur das Bienenvolk samt Königin in das DRK-Kinderhaus „Sonnenschein“, sondern er erläuterte den Kindern auch alles, was er vor Ort machte. Sogar zehn Imker-Schutzanzüge für Kinder und weiteres Zubehör hatte er mitgebracht. Noch sorgte die Ausrüstung jedoch für weniger Neugier als die Bienen.
Mittlerweile sind Eltern und Kita-Personal auch vom Bienenvirus angesteckt.
Bienenfreundliche Blumenwiese 2
Und so entstand zwischenzeitlich eine zweite bienenfreundliche Blumenwiese. Bald stecken Kinder und Erzieher auch
Winterlinge, die im Frühjahr eine erste Nahrungsquelle für die Bienen sind, sowie ganz viele Sonnenblumen als letzte
sommerliche Nahrungslieferanten. „Wir hoffen, mit dem Bienenprojekt, natürlich auch bei Eltern und Großeltern sowie im
Wohngebiet etwas für Bienen und Umwelt bewegen zu können“, bekennt Elisa Bölke.
Beim Sommerfest ging’s los
Erste Erfolge gibt es bereits zu vermelden. So waren beim Sommerfest, als das Projekt öffentlich vorgestellt wurde, alle
begeistert. Nicht nur, weil sich das Programm ums Thema Bienen drehte. Sogar bei den Kinderauftritten. Honigverkostungen,
eine Ausstellung, selbst gebastelte Insektenhotels in Bienenform, in der Kita hergestellter Lippenbalsam, Samenbomben und
Wachstücher sorgten ebenso für Interesse wie das gemeinsame Bemalen des künftigen Bienenhauses. Fragen der
Erwachsenen beantworteten zudem zwei anwesende Imker der Dresdner Firma. Nun endlich, nach langer Vorbereitungszeit, hat
die Kita ihr erstes Bienenvolk.
„Guckt mal, das ist die Königin. Die mit weißem Fleck auf dem Rücken“, erklärt Sebastian Habel, als er die Bienen in ihr Haus
setzt. „Das sieht ja sogar wie eine Krone aus“, rufen die Kinder begeistert. Dann schauen sie genau zu, was der Imker noch alles macht. „Das sind die Waben. Und ein Haus ohne Bienen heißt Beute. Erst wenn Bienen drin leben, heißt es Bienenstock“,
erläutert Habel, der viele Fragen beantworten muss. Auch die von Jordan, der sich mutig eine Biene auf die Hand setzen ließ, um sie genau beobachten zu können. „Die macht mir zwar nichts, aber sie bewegt sich nicht. Lebt sie noch?“, will der Vierjährige wissen. Sebastian Habel kann ihn beruhigen und erklärt, dass Bienen bei kälteren Temperaturen nicht sehr aktiv sind.
Besuche aller 14 Tage
Dies und vieles mehr wird er künftig aller 14 Tage bei seinen Besuchen in der Kita erklären. Da zeigt der Imker auch, was Bienen an Pflege und Arbeit benötigen. Beispielsweise Futterkontrollen oder Untersuchungen auf Milben. Und er wird Kinder in ihren Anzügen mithelfen lassen. „Natürlich werde ich auch erklären, was die Umwelt für Bienen haben muss, welche Aufgabe Bienen erfüllen, welchen Nutzen sie haben und was wir für sie tun können.“
Abgesehen von den Imker-Tagen können die Krippen- und Kindergartenkinder ganzjährig die Bienen, zu denen nächstes Jahr ein
zweites Volk hinzu kommen soll, beobachten und viel über sie lernen. Lernen wird auch Imker Sebastian Habel: wie man mit
wissbegierigen Kleinkindern und dem Thema Bienen umgeht. Er und weitere vier Kollegen sind zwar sachsenweit unterwegs und
betreuen schon 80 Bienenvölker bei Firmen und Privatpersonen. Eine Kita als Kunde hatten sie bislang aber nicht. .„Daher finde ich das Projekt in Weißwasser spannend und großartig“, so Habel.
Quelle: Sächsische Zeitung, Lokalausgabe Weißwasser | Erscheinungsdatum: 13.10.2021