Weniger Antworten als offene Fragen
Die Sächsische Union tourt mit Regionalkonferenzen durch die Kreisverbände. In Weißwasser ging es ums Thema Tourismus und Corona – aber nicht nur. Von Sabine Larbig
Die Landes-CDU erarbeitet ein neues Grundsatzprogramm: als Zukunftsplan für Sachsen, Fahrplan und Kompass für die nächsten Jahre. Um zu erfahren, wo Probleme, Handlungsbedarf und Chancen liegen, welche Erwartungen die Menschen haben und wie Weiterentwicklung aller Lebensbereiche gelingt, gibt es insgesamt 13 thematische Regionalkonferenzen in 2022 und 2023 . In Weißwasser wurde am Dienstag zu Tourismus unterm Motto „Neustart nach Corona – Sachsen neu entdecken“ diskutiert. Talkpartner waren Union-Landesvorsitzender und Ministerpräsident Michael Kretschmer, Kultur- und Tourismusministerin Barbara Klepsch und Veronika Hiebel, Geschäftsführerin Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen. Die Talkrunde zeigte anhand vieler Beispiele, dass die Lausitz und ihr ländlicher Raum zu lange vernachlässigt wurden – nicht nur
touristisch.
Touristische Potenziale und Hürden
Laut Barbara Klepsch brachte die Pandemie dem Freistaat-Tourismus sieben Milliarden Euro Umsatzverlust. Im Raum Weißwasser gingen Übernachtungszahlen auf 17 Prozent Auslastung zurück. Dennoch sei die Lausitz „ein Geheimtipp, eine Entdeckerregion, ein schlafender Riese mit Potenzial, den es zu wecken gilt“, so Klepsch. Dazu müsse die Region aber deutschland- und europaweit vermarktet werden, brauche es Ideen und Kreativität. Doch, auch das ist Fakt, die Branche kämpft noch mit Pandemieauswirkungen, zusätzlich mit Personalmangel, wenig Digitalisierung, Preisexplosionen, Spartrend der Urlauber. „Der Freistaat muss die Oberlausitz als Region stärker vermarkten“, forderte auch Tourismusexpertin Hiebel. Marketing sei zu uneffektiv, touristische Gebietskörperschaften zu kleinteilig. Man müsse unter einem Dach vermarkten, Kräfte bündeln. Und Hiebel appellierte an Kommunen, die Möglichkeit von Kurtaxe-Erhebung als Finanzierungsquelle stärker zu nutzen. „Meine Vision ist trotzdem ein Tourismus-Gesetz in Sachsen mit solidarischer Grund- und stabiler Basisfinanzierung.“ Diese „dicken Bretter durchbohren“, die Kur- und Erholungsorte als Zentren im ländlichen Raum auch finanziell zu stärken, sieht ebenfalls Kretschmer als Aufgaben. Das bedeute, Gegeneinander und die vielen Körperschaften zu beenden und Hilfe vom Bund. Zudem sieht Kretschmer eine Möglichkeit in der Schaffung eines sächsischen Finanzierungstopfes für Kur- und Erholungsorte, analog Thüringen, wo so jährlich zehn Millionen Euro bereitstehen. „Hier sind die Landkreise gefragt, sich gegenüber dem Finanzminister stark zu machen. Ich flankiere die Bemühungen.“
Ein Problemkind: Bärwalder See
Armin Hoffmann, Unternehmer aus Boxberg, will seit sieben Jahren ein Fahrgastschiff auf den Weg bringen. „Leider gibt es keinen Weg für eine funktionierende Genehmigung. Wollen wir Touristen oder Zugvögel?“, fragte er. Zudem verwies er auf das Problem des Baus von Anlegestellen, wofür der Gemeinde das Kapital fehle. Laut Michael Kretschmer müsse ein Einklang zwischen Arten- und Umweltschutz und Tourismus gefunden werden. Das sei nicht sofort zu klären. „Was Anleger betrifft, so werden wir sie über Landesmittel bauen.“ Auf ein weiteres Problem am Bärwalder und anderen Seen verwies Barbara Koschkar vom DRK-Kreisverband Weißwasser. „Wir kämpfen seit 20 Jahren um auskömmliche Wasserwacht-Finanzierung, denn Sicherheit am Wasser ist für Touristen und Einheimische wichtig. Aber nur Ehrenamt und Eigenfinanzierung von Benzin bis Verpflegung geht nicht.“ Dies, gestand Kretschmer, sei generell ein „wunder Punkt“, da die Zuständigkeit kommunal sei. Aber man sehe die Gefahren. „Die Frage ist: Alles so belassen oder ein Gesetz erlassen, dass im Landtag zu diskutieren ist?“
Corona-Hilfe für Freizeiteinrichtungen
Für Torsten Noack, Geschäftsführer der Erlebniswelt Krauschwitz, ist noch immer unklar, warum kommunale Einrichtungen wie Tierparks oder Bäder zwangsgeschlossen wurden, keine Pandemie-Hilfen erhielten. „Gibt es noch Möglichkeiten?“, wollte er wissen. Dazu erklärte die Ministerin, dass der Freistaat jetzt ein Programm für den touristischen Neustart aufgelegt habe. „Der Finanzrahmen ist nicht üppig, es gilt auch eine Förderhöchstgrenze. Aber Bäder sind drin, Anträge sofort möglich.“
Kritik an Infrastruktur auf dem Land
„Die bestehenden Verkehrsanbindungen erschweren die Arbeit aller Branchen, weshalb wir im Strukturwandel ganz schlechte Karten haben. Kommt da noch etwas?“, meldete sich Unternehmer André Kästel aus Weißwasser zu Wort. Dazu erklärte Kretschmer, dass man in den Strukturwandelprozess als Land die Milau, B 178n und Bahnverbindungen im Bund eingebracht habe, wofür letztlich Kompromisse fehlten. Zur schnellen Bahnanbindung an die Boomtown Berlin würden Sachsen und Brandenburg nun gemeinsam eine Milliarde Euro auf den Tisch legen, um die Lausitz voranzubringen. „Alles andere sind Fragen des Bundesverkehrswegeplans.“ Zum besseren Busverkehr, wie ihn Daniel Mosmann aus Krauschwitz forderte, erklärte Veronica Hiebel, dass er leider meist auf Schüler- und Berufsverkehr abziele, da auch die Frage sei, wer weitere Angebote finanziert. Und im Lausitzer Nahverkehr seien, so Hiebel weiter, zu viele Verkehrsverbünde tätig und viele falsche Entscheidungen getroffen worden. Kreise, Länder, Bund und Verbünde müssten sich der Mobilität im ländlichen Raum aber unbedingt stellen. „Alles, was hier an Verbindungen entsteht, nutzt ja nicht nur Touristen, sondern auch den Einheimischen“.
Quelle: Sächsische Zeitung, Lokalausgabe Weißwasser vom 24.06.2022