LR: Eine Völkerverständigung, die vor allem durch den Magen geht
Syrische Flüchtlinge kochen für Hausbewohner und Ehrenämtler / Musik und traditionelle Kost / Reber Jojan: Heute wollen wir einfach allen Danke sagen
Weißwasser Syrische Flüchtlinge haben Nachbarn, Offizielle und Ehrenämtler am Montag zu einem Essen eingeladen. Bei Speis und Trank sind sich Weißwasseraner und Asylsuchende ein Stück näher gekommen. Die Hausbewohner Rica David und ihre Tochter sowie Renate Nerlich sind begeistert. Die vorbereitete Tafel duftet nach Süßem und Herzhaftem. Ein Hauch von orientalischen Gewürzen liegt in der Luft. "Ich finde das klasse", sagt Rica David. Sie komme mit den jungen Syrern gut zurecht, habe keine Probleme. "Am Anfang war mir schon ein wenig mulmig", gibt sie zu, aber sie denke gar nicht ans Ausziehen. "Das sind so nette Menschen, die kann man nur gern haben", erklärt sie.
Einer von ihnen ist Jihad Kashlan. Er ist ursprünglich aus Damaskus, der Hauptstadt Syriens. "Wir haben hier vier Wohngemeinschaften und jede hat heute etwas gekocht", erzählt er mit einem Lächeln. Er freut sich darüber, in Weißwasser zu sein. "Es ist ein schöner, ruhiger und vor allem sauberer Ort", sagt Jihad. Derzeit wartet er noch auf die Entscheidung über seinen Asylantrag, bis dahin versucht er, deutsch zu lernen. "Ich habe mir einige Apps aufs Handy heruntergeladen", berichtet der 26-Jährige. Bei fast jedem englischen Wort schaut er, wie es auf Deutsch heißen muss. "Sprache ist das Wichtigste für mich", erklärt der Syrer. Jihad Kashlan wolle sein Ökonomie-Studium fortsetzen, das er bereits in Syrien begonnen hat. Einen Deutschkurs besucht er auch. "Aber der ist nicht täglich, deshalb bringe ich mir viel selbst bei", erzählt er und spricht deshalb die Nachbarn an. "Sie wollen, dass wir uns mit ihnen unterhalten", sagt Renate Nerlich und fügt an: "Wie sollen sie sonst unsere Sprache oder unsere Kultur kennenlernen?"Reber Jojan spricht schon besser deutsch. Er ist ebenfalls aus Syrien, allerdings aus Allepo. Sein Asylantrag wurde bereits bewilligt. "Ich bleibe in Weißwasser", sagt er. Reber fühle sich hier wohl, hat einen täglichen Deutschkurs und fühlt sich angekommen. "Ich habe in Syrien Jura studiert", berichtet er, "und ich hoffe, dass ich mein Studium hier beenden kann." Dazu allerdings muss auch er die Sprache beherrschen, sich an die Kultur gewöhnen. "Heute wollen wir einfach allen Danke sagen, die uns hier so herzlich aufgenommen haben."
Herzlich ist auch das Beisammensein an diesem Nachmittag. In lockerer Atmosphäre erklären die Syrer, was sie heute gekocht und gebacken haben. Da wäre zum einen das Gericht "Shakria". Es besteht aus einer Art herzhaftem Joghurt, der zusammen mit Rindfleisch gebacken wurde. "Das ist ein Gericht aus meiner Heimatstadt", erklärt Jihad. "Maqloba" dagegen wird mit Reis, reichlich Kurkuma – ein Gewürz, das ähnllich wie Ingwer schmeckt – Auberginen und Rindfleisch gemacht. Alle Zutaten werden dann übereinander geschichtet und schließlich umgedreht auf einen Teller gestülpt und hübsch mit Salat angerichtet. Natürlich dürfen Salate, kleine Obst- und Gemüseteller ebenfalls auf der Tafel nicht fehlen. "Wir haben auch einige Desserts zubereitet", erzählt Jihad und zeigt auf etwas, das die Syrer die "Die Süße des Käses" nennen. Es besteht aus süßem Quark, der in einem Teigmantel gebacken wurde. "Das isst man in Homs", erklärt Jihad Kashlan. Zudem gibt es süßes Gebäck, das aus Honig, Milch und Käse gemacht ist. "Beehive" heißt das in Syrien.
"Ich empfinde die Flüchtlinge als wertvolle Bereicherung", erklär Barbara Koschka vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Es sei schön, dass die Leute dankbar sind. Das könne man von manchem Deutschen nicht erwarten. Ilona Donath vom DRK freut sich, dass manche der Syrer bereits ihren Asylantrag bewilligt bekamen. "Es gehen auch nicht alle weg", sagt sie. Viele würden Weißwasser zwar wieder verlassen, aber zumindest in der Lausitz bleiben. Inzwischen sind die Teller geleert, und Reber Jojan nimmt sich eine Gitarre und spielt los. Klatschen setzt ein, einige Hausbewohner tanzen. "Es ist schön, in Frieden zu leben", sagt Jihad. Dem widerspricht heute niemand.
Quelle: Lausitzer Rundschau, Ausgabe Weißwasser vom 30.09.2015