Rund 1,2 Millionen Euro fließen dafür aus dem Strukturwandelfonds.
Ohne das Geld hätte eine Schließung gedroht. Von Sabine Larbig
Zwei Tunnelrutschen, auf denen man direkt vom Gebäudeinneren ins Außengelände sausen kann, gibt es im Kinderhaus „Sonnenschein“. Was sich wie ein großer Spaß anhört, ist nicht lustig und hat einen ernsten Hintergrund. Die Rutschen sind im Ernstfall nämlich Flucht- und Rettungswege. Zwar wird auf beiden Röhren regelmäßig gerutscht. Aber nur zu Übungszwecken. Und selbst die sind für Kinder und Personal kein Spaß. „Weil eine Röhre eine Kurve hat und ihr Ende nicht sehbar ist, haben viele Kinder Angst vorm Rutschen“, weiß Kita-Leiterin Kerstin Kellberg.
Kita-Sanierung dank Kohle-Geld
Sie ist froh, dass die im Notfall Leben rettenden Rutschen, ebenso wie die provisorische Außentreppe aus Gerüsten, die als zweiter Rettungsweg auf der Terrassenfläche steht, bald ausgedient haben. Denn der Kita-Träger, der Kreisverband Weißwasser des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), hat endlich Geld, um sie zu ersetzen. Zwar entsprachen die Röhren längst nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben, weshalb sie von zuständigen Behörden seit Jahren nur als Übergangslösung geduldet wurden. Wäre dies nicht der Fall, hätte die Kita schon längst die obere Etage schließen und somit die Platzkapazität um ein Drittel reduzieren oder den Kindergartenbereich schließen müssen. Ein Horrorszenario, welches nicht nur Barbara Koschkar, Vorsitzende des Vorstandes des DRK-Kreisverbandes, fürchtete. Zum einen, da viele Eltern keine Betreuungsplätze mehr gehabt hätten. Zum anderen, weil so die Wirtschaftlichkeit der Einrichtung generell in Frage gestanden hätte, was letztlich eine Komplettschließung hätte bedeuten können. Und dies in einer Zeit, da durch Behördenansiedlungen, Rückkehrer und Zuzügler in und um Weißwasser der Bedarf an Kita-Plätzen stetig steigt. Trotz all dieser Tatsachen schwebte die Voll- oder Teilschließung lange über der Kita, weil der Kita-Träger eine Sanierung nicht finanzieren konnte. „Es gab über Jahre keine Förderprogramme, in die wir passten oder bei denen unser Eigenanteil stemmbar gewesen wäre“, begründet Barbara Koschkar. Erst, als 2020 gemeinsam mit Stadt Weißwasser und Sächsischer Agentur für Strukturentwicklung (SAS) ein neuer Anlauf gestartet wurde, fand sich eine Lösung. Über das Strukturentwicklungsprogramm des
Landes Sachsen, sprich Kohle-Gelder. „Es war eine super Zusammenarbeit mit allen Partnern, und wir sind glücklich, die Förderung bekommen zu haben“, bekennt Koschkar. Rund 1,2 Millionen Euro wurden für die Kita bewilligt. Das DRK muss davon nur fünf Prozent aufbringen. Außerdem kann dank der Summe nun mehr als der Ersatz der Rettungswege und die brandschutztechnische Ertüchtigung passieren. „Wir werden energetische Maßnahmen, wie die Wärmedämmung restlicher Dachflächen, umsetzen. Eigentlich finden alle Kinder eine Rutsche toll. Die Tunnelrutsche am Kinderhaus „Sonnenschein“ ist jedoch eine Ausnahme. Die wird nur im Ernstfall und bei Übungen genutzt.
Zwei Jahre Bauphase geplant
Geplant sind zudem ein Sammelsystem für Regenwasser sowie die Sanierung zweier Gruppenwaschräume, die für Kleinkinder und behinderte Kinder genutzt werden. Immerhin hat die Kita mit 142 Plätzen auch sechs integrative Plätze, darunter für zwei schwerstbehinderte Kinder. Und wegen Corona sollen über ein anderes Förderprogramm raumluft-technische Anlagen gekauft werden. Noch, sagt Koschkar, sei man hier am Anfang. „Wir hoffen aber, dies im Zuge der Sanierung, die von 2022 bis 2023 läuft, mit zu schaffen.“
Apropos Sanierung: Für Leiterin Kerstin Kellberg, die im August ihr 40-jähriges Erzieherjubiläum hatte und die seit 2008 in der DRK-Kita tätig ist, wird das Bauvorhaben die dritte Kita-Vollsanierung ihres Berufslebens. Stets auch bei Vollbelegung. „Bisher klappte immer alles, weil Eltern, Kollegen und Träger sich als engagierte Mitstreiter einbrachten. Ich gehe davon aus, dass es wieder so ist.“ Leicht wird es für keinen der Beteiligten: weder Bauarbeiter noch Eltern oder gar Kinder. Schon gar nicht während der Bauphase. Das ist nicht nur Kerstin Kellberg klar. Sogar eine zeitweise Nutzung von Containern zur Betreuung einiger Gruppen können aktuell weder sie noch Barbara Koschkar ausschließen. Doch im Vergleich zum langen Kampf um die Abwendung der drohenden Schließung seien dies kleine Probleme.
Quelle: Sächsische Zeitung, Ausgabe Weißwasser vom 08.09.2021